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Das Fest der Astronomen
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Der Venusdurchgang auf dem Kirchenplatz in Gießen
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Die astronomische
Beobachtung der Superlative
Aus der drei Jahre
zuvor (April 2001) an dieser Stelle
veröffentlichten Idee, auf dem Kirchenplatz ein Happening zu
veranstalten, wurde
- die größte Beobachtungsaktion
der Heuchelheimer
Astro-AG,
- die vermutlich größte
astronomische Veranstaltung in der Geschichte der Stadt Gießen,
- die vermutlich größte
Venus-Transit-Beobachtung der Bundesrepublik.
Als spiritus rector ist Dr.
Reiner Euler zu nennen, der sich anläßlich des Merkurdurchganges
2003 mit dem Chef des Gießener Mathematikums in Verbindung
gesetzt hatte. Letzterer hatte daraufhin eine konzertierte
Aktion des Mathematikums mit der Stadt
Gießen, dem Arbeitskreis Handel, der Kirche, den "Kulturschaffenden"
und der Heuchelheimer Astro-AG angeregt. Daraus wurde ein Programm
mit Innenstadtaktionen von Juni bis September, auch "Venus-Sommer"
genannt.
Das Wochenende des 5./6. Juni war der erste Termin: Das Mathematikum
veranstaltete ein Wissenschaftswochende
u.a. mit Vorträgen
und einem Gottesdienst.
Der Arbeitskreis Handel
hängte Herzchen-Girlanden und vom-Pfeil-getroffen-Transparente
auf und die Gießener Zeitungen schrieben fleißig Artikel.
Der 8. Juni 2004 war der zweite Termin: Die öffentliche Beobachtung
des Venusdurchgangs auf dem Gießener Kirchenplatz war die
sonnigste und bei weitem erfolgreichste Veranstaltung. An diesem
denkwürdigen Tag waren sage und schreibe 5000 Leute auf dem
Platz zusammengekommen, wie Klaus
Spruck später schätzte. Die Vereinskollegen der Heuchelheimer
Astro-AG waren allesamt begeistert von der Stimmung auf dem Platz
und vom starken astronomischen Interesse des Publikums. Ein Ensemble
(Ariane Köster, Violine + Johannes Becker, Klavier) erfreute
die Anwesenden in der benachbarten Pankratiuskirche und die Radiohörer
des hessischen Rundfunks mit dem Venusdurchgangsmarsch.
Einige Bilder (Marcus Licher):
Aber nicht alle Gießener waren da. Einige wenige, darunter
auch der Autor, hatten sich bereits Ende Mai 2004 vorgenommen, einen
großen Bogen um Gießen und seine Venus-Veranstaltungen
zu machen, weil sie diese Plakate
nicht mehr ertragen wollten und kulturelles
Elend darin sahen (siehe nächster Abschnitt).
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Der Venusdurchgang auf der grünen Wiese - Bericht des Autors
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Die Venusdurchgangswiese auf dem Schiffenberg bei Gießen
Ende Mai 2004 tauchten im Industriegebiet West und auch anderswo
in Gießen diese Doppel-Plakate
auf. Sie provozierten Missverständnisse ("Reklame für
'ne Single-Party" – "Am 5.+6. Juni"),
Missfallen, Spott und
Fluchtgedanken. Mit dem Verantwortlichen (es war nicht die Stadt)
waren anscheinend die Marketing-Gäule durchgegangen. Ein Pferde-Durchgang
sozusagen.
Angesichts der als Zumutung empfundenen Plakate würde es das
Beste sein, die Stadt zu verlassen und den 8. Juni 2004 auf einer
abgelegenen grünen Wiese zu zelebrieren und zu genießen.
Dr. Rolf Wilmes dachte ähnlich. Eine gemeinsame Beobachtung
des Venusdurchgangs auf der südlichen Wiese an der Klosteranlage
Schiffenberg
war schnell beschlossen. Die Wiese erwies sich als goldrichtig.
Sie ist abseits der Straße an der uralten Klostermauer gelegen,
sie hat einen Baum, in dessen Schatten gemütlich gefrühstückt
werden kann, sie bietet einen herrlichen Ausblick bis zu den Kammlagen
des Taunus und ist trotz der idyllischen Lage mit dem Auto gut erreichbar.
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Ein dankbares Zufallspublikum auf der Venusdurchgangswiese
Spaziergänger, Radfahrer, Traktor- und auch Autofahrer waren
unser Publikum. Es waren Rentner, Sommerfrischler, städtische
Feldarbeiter, Studenten und Taiwanesinnen. Die Leute freuten sich
über unsere Erläuterungen und waren glücklich darüber,
das seltene Ereignis an einem solch idyllischen Ort beobachten zu
können.
Nachdem wir einem vorbeigehenden Rentner die Schwarze Venus gezeigt
hatten, erschein etwas später ein Studentenpärchen aus
einem der umliegenden Dörfer. Der Rentner sei ihr Vermieter und
habe sie hergeschickt, erklärten sie.
Die auf die Sonne gerichteten drei Teleskope waren so attraktiv,
dass auch Feldarbeiter mit ihrem großen Fendt-Traktor zu uns
auf die Wiese fuhren, um zu erfahren, was es denn zu beobachten
gäbe.
"Die ist aber klein!" lautete der Kommentar der meisten, was mich
überraschte, denn ich empfand die Schwarze Venus als recht
groß im Vergleich zum winzigen Merkurpünktchen des 7.
Mai 2003.
Gegen 12:00 Uhr tauchte Achim
Stock, der schon am 11.August
1999 dabei war, mit seinem VW-Bus auf und bereicherte unsere
Beobachtung durch seine raffinierten Low-Cost-Beobachtungsgeräte.
Er berichtete uns von einem gerade gesendeten Radio-Interview mit
einem Hobbyastronomen auf dem Gießener Kirchenplatz, welcher
schon seit dreißig Jahren auf das Ereignis gewartet hat. Im
Autoradio sei auch der Venusdurchgangsmarsch zu hören gewesen.
Einige Bilder :
Nach dem Venusdurchgang
blieben wir noch bis um 15:00 Uhr auf der Wiese und setzten danach
in des Autors Garten unsere Gespräche über vergangene und zukünftige
Zeiten bis in den späten Abend fort.
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Der Pseudo-Tropfeneffekt
Den zweiten inneren Kontakt um 13:03:54 Uhr konnte ich einwandfrei
beobachten. Beim allerbesten Willen konnte ich keinerlei Tropfenbildung
erkennen. Das könnte an der exzellenten Optik des ETX mit professionellem
Glas-Sonnenfilter und an der 100%igen Fokussierung liegen. Bewußte
verzichtete ich in diesem spannenden Moment auf das Fotografieren.
Ich wollte mit den eigenen (sehr guten) Augen sehen, was passiert.
Auch Rolf Wilmes kann den Tropfeneffekt nicht bestätigen. Er
hatte den Vorgang um den zweiten inneren Kontakt herum per Webcam
und Laptop aufgezeichnet. Er schreibt zur Erklärung:
"Das
AVI vom Venusaustritt wurde mit der Philips To-U Cam durch den BORG
(102/640mm) mit angeschlossener 2x-Barlowlinse aufgenommen. Das
dabei gewonnene AVI-File wurde mit GIOTTO in ca. 8300 Einzelbilder
zerlegt. Von diesen wurden dann je 50 Bilder (entspr. 10 sec Aufnahmedauer)
zu einem Einzelbild gestackt, die folgenden 100 Bilder ausgelassen,
dann wieder 50 Bilder gestackt usw. Die erhaltenen 55 Einzelbilder
wurden bearbeitet und zentriert und das vorliegende AVI daraus erstellt."
Die nachfolgenden vier Bildchen sind Momentaufnahmen des Films.
Auch wenn Captain James Cook schon 1769 in Tahiti einen "schwarzen
Tropfen" beobachtete, alte Lexika ihn
abbilden, viele Beobachter ihn am 8. Juni gesehen und fotografiert
haben - wir halten den sogenannten Tropfeneffekt nur für ein
Problem unscharfer Ränder bei schlechter Optik.
Bei Alexander und Alfons Gabel
liest man folgendes:
"Das sogenannte Tropfenphänomen ist ausschließlich ein
Resultat von Kontrast und Auflösung, gewissermaßen ein
Phänomen kleiner Teleskope. Allein durch das Verändern entsprechender
Einstellungen bei der Bildbearbeitung lässt sich durch "Verschlechterung"
ein und desselben Bildes praktische jede berichtete Form des Tropfenphänomens
erzeugen."
Siehe auch: This
is simply the result of how two fuzzy bright-to-dark gradients add
together
oder unter forum.astronomie.de die Diskussion: "Tropfeneffekt - Simulation".
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Venusdurchgangsbilder
Die folgenden Bilder wurden aufgenommen mit einem 100/540mm Televue
Genesis mit 2x Brennweitenverlängerung durch BAADER FFC (plus
BAADER Sonnenfilterfolie; B=1/500sec.) und der Canon EOS 10d.
Der erste innere Kontakt.
Originalgröße (1584x1584, 136KB) per Doppelklick.
Foto:
Dr. Rolf Wilmes
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Der erste innere Kontakt.
Bildausschnitt aus dem linken Bild.
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Ein Kompositbild.
Vom ersten bis zum zweiten inneren Kontakt.
Fotomontage:
Dr. Rolf Wilmes
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Der Venusdurchgang im Gefängnis |
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Venus-Transit im Jugendgefängnis
Von Thomas Luther-Mosebach
Angeregt durch die Vorbereitungen eines Wissenschafts-Festes in
Gießen rund um den Venus-Transit am 8. Juni, entstand die
Idee, auch in der Jugendstrafanstalt Rockenberg Inhaftierten und
Bediensteten die Möglichkeit zu geben, dieses seltene astronomische
Ereignis zu verfolgen. Die Sonnenfinsternis im Jahre 1999 war hier
einfach "verpasst" worden, obwohl Jugendliche immer wieder Interesse
an astronomischen Themen zeigen. So gestalteten zwei Lehrlinge vor
etwa einem Jahr zu diesem Thema einen Vortragsabend, zu dem sie
interessierte Mithäftlinge und Anstaltsbedienstete einluden.
Zur Vorbereitung auf den Venus-Transit sammelten 6 Teilnehmer einer
Astronomie-Arbeitsgruppe Informationen aus den laien- und jugendgerechten
Fachbüchern, die sie in der Gefängnisbibliothek fanden. Sie
bereiteten für den Morgen des 8. Juni Schautafeln und Vorträge
vor, unter anderen zu den Themen "Aufbau des Weltalls", "Sonne und
Sonnensystem" und "Venus-Transit". Der Gießener Mathematiker
und Hobby-Astronom Josef Gräf, der vor 3 Jahren die Idee zu
einem Venus-Transit-Fest in Gießen in die Welt, beziehungsweise
in das Internet gesetzt hatte, unterstützte die Rockenberger
Laien-Astronomen mit ausgewählten Artikeln aus Fachzeitschriften
sowie mit einem Fernglas mit professionellen Filtern. Für ein
zweites, von einem Anstaltsbediensteten zur Verfügung gestelltes
Fernglas wurden 2 weitere Sonnenlichtfilter gebastelt.
Am Morgen des 8. Juni war das Wetter am Rockenberger Himmel noch
besser als bestellt. Nicht eine Wolke war zu sehen. Wie würde
nun die Beobachtung der Venus vor der Sonne bei den Kollegen und
bei den Jugendlichen ankommen? Wird man überhaupt etwas Bedeutungsvolles
sehen? Zunächst war da einmal die gleiche Sonne wie immer,
sonnenfleckenrein unberührt. Doch plötzlich bekam sie
am linken unteren Rand eine kleine Macke, die größer
und größer wurde und sich schließlich zu einer
kleinen runden Linse auswuchs. Da war sie, die Venus. Fast so groß
wie die Erde und doch so klein vor der Sonne. Jugendliche und Erwachsene
waren gleichermaßen beeindruckt von dem kosmischen Ereignis.
Verwunderung machte sich breit über die riesigen Ausmaße
unseres Sonnensystems und der Sonne, in welche die Erde oder die
Venus eine Million mal hineinpassen, wie die anwesenden Schüler,
Lehrlinge und Bediensteten von den Vortragenden des Astronomie-Arbeitskreises
erfahren konnten. Diese erhielten für ihre Beiträge viel
Anerkennung. Für die meisten war es das erste Mal, dass sie
vor einer großen Gruppe einen Vortrag hielten.
Für alle war diese kleine Veranstaltung eine inspirierende
Unterbrechung des Gefängnisalltags. "Das ist hammerhart. Kein
lebender Mensch hat das zuvor gesehen, aber wir hier im Knast erleben
das jetzt", resümierte ein Jugendlicher die Veranstaltung.
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